Der Black-Friday & Cyber Monday Wahnsinn: Wie du mit Behavioral Experimentation Umsatzrekorde einfährst
Wenn man einen Tag im Jahr bestimmen müsste, an dem so ziemlich jeder schonmal online geshoppt hat, ist das vermutlich Black Friday oder Cyber Monday.
Der Hype um diese Sales-Events ist vor einigen Jahren von der USA nach Europa und andere Teile der westlichen Welt übergeschwappt. Mittlerweile zählen die beiden Tage neben dem Weihnachtsgeschäft zu den umsatzstärksten des ganzen Jahres im E-Commerce. Das macht das vierte Quartal bei vielen Unternehmen immer wieder zur umsatzstärksten Zeit. Ein gutes Beispiel dafür ist Amazon. Im folgenden Graph ist deutlich zu erkennen, dass Q4 bei Amazon jedes Jahr mit großem Abstand am meisten Umsatz bringt.
Stell dir einfach mal vor, was allein ein Revenue-Uplift von 1.5% für einen enormen Unterschied macht. Bei einem Umsatz von 137,41 Milliarden Euro, wie Amazon ihn im Q4 2021 verbucht hat, sind das etwa 2 Milliarden Euro Mehrumsatz in einem einzigen Quartal. Dieses Beispiel bestätigt gleichzeitig auch noch einen anderen Effekt des Testens:
Je höher der generierte Umsatz eines Unternehmens ist, desto größer ist die Auswirkung eines relativen Uplifts auf die absolute Umsatzsteigerung.
Beispiel: bei 2 Millionen Euro Umsatz im Jahr bringt ein Uplift von 1.5% einen Mehrumsatz von 30.000 Euro. Wenn der Umsatz jedoch bei 10 Millionen Euro liegt, dann bringen die 1.5% Uplift sogar 150.000 Euro Mehrumsatz.
Das soll nicht heißen, dass sich A/B-Testing in kleineren Unternehmen nicht lohnt. Es bekräftigt nur die zunehmende Relevanz von A/B-Testing bei größeren Unternehmen.
Lass uns doch einmal betrachten, was das Kaufverhalten am Black Friday und Cyber Monday beeinflusst. Warum kaufen an diesen Tagen so viele Menschen ein? Es gibt viele Gründe die dazu führen, dass Menschen in einem Shop kaufen, doch am Black Friday ist ein Faktor am Bedeutendsten: der Preis. Genauer gesagt, liegt es an den großen Rabatten und Aktionen die es an diesen Tagen gibt. Denn der Preis hat eine große Auswirkung auf die Kaufmotivation von Nutzern.
Um Kaufmotivation generell besser zu verstehen, betrachten wir das Verhaltensmodell von BJ Fogg. Laut seinem Modell sind für jede menschliche Handlung drei Faktoren erforderlich: Motivation, Ability und ein Prompt. Eine Person braucht demnach ausreichend Motivation um etwas zu tun, sie braucht die Fähigkeit etwas zu tun und zusätzlich muss es einen Auslöser für das Ausführen der Handlung geben.
Ein Sale wirkt in Online-Shops als Trigger, der die Motivation stark erhöht. Dazu kommen noch andere psychologische Effekte, welche die Wirkung bestärken. Die begrenzte Gültigkeit von Rabatten für diesen einen Tag oder diese eine Woche, erzeugt eine gewisse Dringlichkeit zu handeln. Aber auch das Bewusstsein der Nutzer darüber, dass rabattierte Produkte häufig ausverkauft werden, steigert durch Verknappung die Kaufmotivation.
Das alles führt dazu, dass die Kaufmotivation von Nutzern am Black Friday oder Cyber Monday enorm erhöht ist im Vergleich zu anderen Tagen.
Lass uns nun nochmal einen Schritt zurück gehen und anhand der folgenden Grafik betrachten, welche Faktoren neben dem Preis noch auf die Kaufmotivation Einfluss nehmen:
Nur weil ein Sale ist, heißt das nicht, dass Nutzer automatisch kaufen und alle anderen Einflussfaktoren plötzlich irrelevant sind. Wenn der Nutzer durch die Seite nicht die ausreichende Motivation bekommt und dazu befähigt wird den Kauf abzuschließen, dann bringt auch jegliches Preisersparnis nichts. Ist er sich zum Beispiel unsicher was die Passform angeht oder das Produkt hat schlechte Bewertungen, so wird er den Kauf eventuell auch trotz Preisersparnis nicht tätigen. Die Grundlagen für Motivation und Fähigkeit müssen also schon vor dem eigentlichen Sale-Event gelegt werden.
Deswegen ist es wichtig frühzeitig mit dem Testen zu beginnen und nicht erst oder nur am Black Friday Änderungen vorzunehmen. Das führt dazu, dass ihr eure Zielgruppe besser versteht und euren Online-Shop auf ihre Bedürfnisse optimieren könnt.
Sieh den Black Friday wie das Finale der Champions League. Es ist unwahrscheinlich, dass man durch Glück gewinnt, weil man ein gutes Spiel hat. Stattdessen stecken monatelange Vorbereitung hinter dem Erfolg und auf lange Sicht gewinnen die Teams die Champions League am häufigsten, die strategisch gut aufgestellt sind und sich Spiel für Spiel verbessern. Genau dasselbe gilt auch fürs Testing und den Black Friday.
Ein Musterbeispiel dafür ist, wie so oft, Amazon. Dort starten circa 38% aller Produktsuchen im Internet. Amazon hat es geschafft in den Köpfen der Menschen zu sein, sodass es für viele die erste Anlaufstelle ist, wenn es um Online-Shopping geht. Produkte auf Amazon zu suchen ist zu einer Gewohnheit geworden. Doch wie entstehen eigentlich Gewohnheiten?
James Clear, Autor von Atomic Habits, sagt dazu:
To form habits you must make them obvious, attractive, easy and satisfying.
Eine Handlung muss also offensichtlich, attraktiv, einfach und befriedigend sein, um zur Gewohnheit zu werden. Amazon ist offensichtlich, denn jeder kennt es und fast jeder hat schon dort eingekauft. Aufgrund des Vertrauens, dass es sich aufgebaut hat und Benefits wie kostenlosem Versand, ist es attraktiv. Es ist einfach, denn viele Nutzer haben bereits ein Konto und es gibt Funktionen wie One-Click Kauf oder Ähnliches. Es ist befriedigend, denn man kann mit einer schnellen Lieferung, sowie einfacher Retoure und gutem Kundenservice rechnen.
Sobald sich ein Nutzer denkt “Ich muss hier kaufen” hat man es als Online-Shop geschafft zur Gewohnheit zu werden. Wie im Schaubild unten zu sehen, müssen davor allerdings die Grundlagen stimmen und der Kunde muss wissen “Ich kann hier kaufen” und “Ich will hier kaufen”.
Zunächst muss dem Nutzer also klar werden, dass der Shop funktional ist, er also dort einkaufen kann. Das heißt die Usability des Shops muss passen, das gewünschte Produkt muss in der richtigen Ausführung vorhanden sein und der Checkout muss funktionieren und sicher sein. Wenn dass der Fall ist, muss es gewisse Punkte geben, die den Nutzer zum Kauf anreizen. Das kann ein guter Preis sein, Features die den Nutzer begeistern oder eine klare Kommunikation der USPs.
Dass Amazon die oberste Ebene erreicht hat ist selbstverständlich kein Zufall.
Amazon führt jedes Jahr circa 12.000 A/B-Tests durch um noch besser zu werden. Davon ist nur knapp jedes zehnte Experiment erfolgreich. Diese “schlechte” Win-Rate von 10% wird bei Amazon aber nicht als Versagen angesehen. Ganz im Gegenteil, Jeff Bezos sagt dazu folgendes:
“Most large organizations embrace the idea of invention, but are not willing to suffer the string of failed experiments necessary to get there.”
Er sieht die ganzen fehlgeschlagenen Experimente also als notwendige Schritte um Fortschritte zu erzielen. Damit deckt er einen der häufigsten Irrtümer im A/B-Testing auf:
Nicht jeder Test muss ein Gewinner sein, denn auch Verlierer-Tests sind notwendig für langfristigen Erfolg.
Wie unterschiedlich die Wachstumskurve durch kontinuierliches A/B-Testing aussehen kann zeigen die folgenden Schaubilder.
Der erste Graph veranschaulicht, dass Änderungen ohne Testing auch immer wieder zu Downlifts führen können und somit überhaupt nicht einzuschätzen ist, wie sich einzelne Features auf das Wachstum auswirken. Letztendlich führt das dazu, dass man als Unternehmen mehr oder weniger auf der Stelle stehen bleibt.
Im zweiten Graph wird deutlich, dass der Einbau von durch Testing validierte Features zu einem stetigen Wachstum führt, und Rückschläge durch kontraproduktive Features ausbleiben.
Der dritte und letzte Graph zeigt, wie dieses Wachstum zusätzlich beschleunigt werden kann, wenn man wie Amazon mit sehr hohe Frequenz testet.
Kurz und knapp zusammengefasst wollen wir euch damit folgendes sagen:
Mehr Tests = Mehr Wachstum = Mehr Geld
Fangt also an zu testen! Und zwar besser heute als morgen, denn je länger ihr testet, desto größer sind die Effekte. Lasst den Compound Effect für euch arbeiten. Testet schon diesen Black Friday. Aber noch viel wichtiger: bleibt darüber hinaus am Ball und baut die notwendigen Systeme und Prozesse für ein erfolgreiches Testing-Programm auf.
Um dieses Jahr an Black Friday und Cyber Monday das Beste herauszuholen, haben wir für Dich vier Testideen vorbereitet, mit denen Du die psychologischen Effekte der Verknappung und Dringlichkeit noch besser hervorheben kannst.
1 Test #1: Zeitliche Begrenzung betonen
Bei diesem Test wird seitenübergreifend eine Countdown-Bar angezeigt, die kommuniziert, wie lange der Sale / die Aktion noch gilt. Dieser Countdown fällt unter die Überkategorie der Verknappung, welche sich entweder auf die Menge eines Angebots oder auf die zeitliche Verfügbarkeit beziehen kann. In diesem Fall wird die zeitliche Verfügbarkeit eingegrenzt und es entsteht bei den Nutzern ein Gefühl von Dringlichkeit. Dadurch erhöht sich potenziell die Motivation den Kauf schnellstmöglich abzuschließen, bevor das Angebot nicht mehr verfügbar ist.
2 Test #2: Zeitliche Begrenzung betonen - Teil 2
Das zugrunde liegende Prinzip ist das gleiche wie beim vorherigen Test, allerdings wird die zeitliche Verknappung bei diesem Test auf der PDP angezeigt. Diese Version bietet sich besonders dann an, wenn die Discounts von verschiedenen Produkten unterschiedlich lange gültig sind.
3 Test #3: Limitierte Verfügbarkeit betonen
Bei diesem Test wird auf der PDP darauf hingewiesen, dass beliebte Produkte im Sale oftmals schnell ausverkauft sind. Auch dieses Experiment basiert auf dem Prinzip der Verknappung. Im Gegensatz zu den vorherigen Tests bezieht sich dieser aber auf die Menge des Angebots. Der Effekt bleibt aber der gleiche: durch die Verknappung entsteht bei Nutzern eine höhere Motivation zu kaufen, da sie eine gewisse Dringlichkeit verspüren den Kauf abzuschließen.
Dieser Effekt kann zusätzlich verstärkt werden, wenn mit echten Zahlen gearbeitet wird. Ist ein Produkt zum Beispiel auf eine bestimmte Stückzahl limitiert oder ist nur noch eine geringe Anzahl eines Produktes auf Lager, so können diese hier eingesetzt werden.
4 Test #4: Limitierte Verfügbarkeit mit zeitlicher Begrenzung
Dieser letzte Test kombiniert die beiden zuvor beschriebenen Tests auf der PDP. Hier werden also sowohl die Verknappung der Menge, als auch die Verknappung der Zeit eingesetzt, um die Kaufmotivation zu verstärken.
Mit diesen vier Test-Ideen kannst du die Prinzipien der Dringlichkeit und Verknappung in eurem Shop nutzen und somit die Motivation zum Kauf am Black Friday steigern. Ob die vorgestellten Testideen bei eurer Zielgruppe, eurer Branche und euren Produkte funktionieren, musst du wie immer selbst testen. Diese Features einfach blind zu implementieren kann sonst eben auch negative Auswirkungen haben.
Viel Spaß beim Testen!