Geheimnisse erfolgreicher Tests: Wertvolle Insights und Learnings
Fabian Hans, Gründer von Cogniteer., hat mit seinem Hintergrund als Wirtschaftspsychologe viele Erfahrungen in verschiedenen Bereichen im Online-Marketing. Als Conversion-Consultant berät er Unternehmen mit seinem psychologischen Wissen, um ihre Websites effizient und zielgerichtet zu optimieren. Er baut zudem für namhafte Unternehmen inhouse CRO-Teams auf.
Wie steigst Du die Erfolgsquote Deiner Tests? Gute Insights! A/B-Testing bedeutet Experimentieren, und Experimentieren bedeutet wissenschaftliches Arbeiten – denn das Ziel ist nicht nur die Steigerung der Conversion Rate, sondern auch die Schaffung neuen Wissens.
Um also die Erfolgsquote von A/B-Test-Programmen zu maximieren, ist es entscheidend, vorab durch gründliche Recherchen wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei ist es das Ziel, den entscheidenden Insight zu identifizieren, der die Nutzer dazu bringt, auf Inhalte oder Angebote zu klicken. Es geht darum, den magischen Moment zu finden, der ihr Verhalten antreibt und sie zum Handeln inspiriert.
1Den richtigen Insight finden
Um diesen entscheidenden Insight zu finden, müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden – die Marke, das Produkt und die Zielgruppe.
Aspekt Nr. 1: Die eigene Marke
Am Anfang sollte die Wahrnehmung der Marke oder des Unternehmens analysiert werden. Es ist wichtig zu verstehen, welches Image die Marke oder das Unternehmen für die Zielgruppe hat, welche Identität verkörpert wird und welche Erwartungen und Wahrnehmungen die Nutzer mit der Marke oder dem Unternehmen verbinden. Eine gründliche Untersuchung dieser Faktoren kann wertvolle Hinweise darauf geben, wie die Marke oder das Unternehmen erfolgreicher auf der Webseite kommunizieren kann. In der Markenwahrnehmung verbergen sich viele wichtige Motive für die Kunden, diese zu kaufen.
Aspekt Nr. 2: Bedeutung des Produkts
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Bedeutung des Produkts für die Nutzer und Kunden. Dabei sollte ermittelt werden, welche Probleme und Bedürfnisse durch das Produkt wirklich gelöst werden (Jobs to be Done). Ebenso relevant ist es, die Nutzungssituationen zu identifizieren, in denen das Produkt zum Einsatz kommt. Diese Informationen sind essenziell, um das Produkt optimal an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen und ihnen einen Mehrwert zu bieten. Das Kaufverhalten und der damit einhergehende Informationsbedarf beeinflussen maßgeblich die Customer Journey.
Aspekt Nr. 3: Lebensbedingungen der Zielgruppe
Es ist wichtig, die aktuellen Lebensbedingungen der Zielgruppe zu betrachten. Dabei sollten Fragen wie „Was bewegt die Zielgruppe gerade?“ und „Welche Werte sind für die Zielgruppe wichtig?“ im Fokus stehen. Das Verständnis der sozialen und kulturellen Faktoren, die die Zielgruppe beeinflussen, ermöglicht es, die Kommunikation und das Produktangebot gezielt auf die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer abzustimmen.
Durch eine gründliche Analyse und das Beantworten dieser Fragen können wertvolle Insights gewonnen werden, die das Nutzerverhalten positiv beeinflussen und die Erfolgsquote von Experimenten erhöhen. Dabei ist es entscheidend, die richtigen Fragen zu stellen, das eigene Wissen herauszufordern und dieses kritisch zu hinterfragen.
Gute Insights können also aus dem Wissen über Marke, Produkt oder Zielgruppe generiert werden. Man erkennt gute Insights daran, dass sie Verhalten vorhersagen, die Nutzer dazu motivieren, aktiv zu werden, klare und umsetzbare Empfehlungen geben und langfristig relevant sind.
Um gute Insights (goldene Nuggets) zu finden, sollte zunächst einmal das eigene Wissen hinterfragt werden. Häufig ist unsere eigene Wahrnehmung der größte Feind beim Testen.
Fragt Euch daher bei der Erstellung von Testing Roadmaps:
- Was ist eigentlich wirklich schon bekannt & was glauben wir zu wissen?
- Welchen Wissensstand haben wir als Unternehmen?
- Welche Beweise liegen für dieses Wissen vor?
Dieser kritische Ansatz hilft dabei, Annahmen zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
2Die vier wichtigsten Punkte
1. Abstand zur eigenen Perspektive schaffen
Es ist entscheidend, sich bewusst zu machen, welche Wahrnehmungen und Werte man selbst hat. Diese Selbstreflexion ermöglicht es, klarer zu unterscheiden, was die eigenen Ansichten sind und was die tatsächlichen Bedürfnisse und Wahrnehmungen der Nutzer sind.
Durch diese differenzierte Betrachtungsweise kann man vermeiden, eigene Vorurteile und Voreingenommenheiten in die Analyse einfließen zu lassen. Stattdessen kann der Fokus auf die authentischen Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzer gerichtet werden, was zu präziseren und wertvolleren Insights führt.
2. Unerwartete Ergebnisse machen das Testing aus
Besonders spannend wird es, wenn neue Erkenntnisse entdeckt werden, die zunächst keinen Sinn ergeben. Dies trifft auch auf Testergebnisse zu, die auf den ersten Blick unverständlich erscheinen. Solange jedoch den Daten und den zugrunde liegenden Beweisen vertraut werden kann, müssen diese Ergebnisse akzeptiert werden.
Unerwartete Testergebnisse zwingen uns in der Optimierung dazu, in eine andere Richtung zu denken. Diese neuen Denkansätze ermöglichen es, bestehende Annahmen zu überdenken und neue, fundierte Hypothesen zu entwickeln. Unerwartete Ergebnisse bieten also die Gelegenheit, bisher unentdeckte Aspekte zu berücksichtigen und dadurch die Qualität der Forschung und der daraus resultierenden Entscheidungen zu verbessern.
Es ist wichtig, offen für Überraschungen zu sein und unerwartete Ergebnisse bereitwillig anzunehmen. Diese Offenheit fördert innovative Denkweisen und führt letztlich zu besseren, datenbasierten Entscheidungen.
3. Die Situation der Nutzer verstehen
Es besteht die Tendenz, Erkenntnisse auf Menschen zu projizieren und ihnen bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben. Es ist jedoch entscheidend, Nutzer in dem Kontext zu betrachten, in dem sie letztlich auch agieren. Also in welcher Situation sich die Nutzer befinden. (Fundamental-Attribution-Error).
Um dies zu erreichen, ist es wichtig zu verstehen, in welcher Phase der Customer Journey sich die Nutzer befinden und welche Gefühlslage sie dabei haben. Es gilt, genau zu verstehen, wie die Wissensstände der Nutzer verteilt sind und worauf man eigentlich optimiert. Dabei sollte berücksichtigt werden, welchen Wissensstand sie haben und welche offenen Fragen sie in den jeweiligen Phasen der Customer Journey beschäftigen.
Darüber hinaus spielen Emotionen und Motive eine wesentliche Rolle. Welche Gefühle beeinflussen die Nutzer in den unterschiedlichen Phasen der Customer Journey? Auch die Intentionen der Nutzer sind von Bedeutung: Was treibt sie in dieser Phase an, und welche Ziele verfolgen sie? Dabei lohnt es sich auch nach Kauf- und Nutzungssituation zu unterscheiden.
4. Das Problem verstehen
Das Verständnis des Problems ist der erste, entscheidende Schritt. Dieses Verständnis muss mit den richtigen Methoden validiert werden, um schließlich die passenden psychologischen Effekte zur Optimierung einsetzen zu können. Sobald das Problem validiert ist, können gezielte Lösungen entwickelt werden. Ist das Problem hingegen nicht validiert, wird es lange dauern, geeignete Lösungen zu finden. Kurz gesagt – das Problem darf keine bloße Vermutung oder Hypothese sein. Es ist wichtig, zu hinterfragen und zu verstehen, was den Nutzer bewegt:
- Muss dem Nutzer geholfen werden, sich an bestimmte Inhalte zu erinnern?
- Benötigt der Nutzer mehr Relevanz und Bedeutung in den bereitgestellten Informationen?
- Ist es notwendig, Vertrauen aufzubauen oder den Nutzer durch psychologische Effekte zu motivieren?
- Müssen Informationen verdichtet und klar aufbereitet werden?
3Fazit
Ein tiefes Verständnis der Nutzer ermöglicht es, fundierte Testhypothesen zu erstellen und die Erfolgsquote zu steigern. Die gesammelten Insights beeinflussen nicht nur die Wortwahl, sondern auch das gesamte Testing-Konzept. Mit einem klaren Fokus auf das Nutzerverhalten und die zugrunde liegenden psychologischen Prinzipien wird das Testing effektiver und zielgerichteter.